Karpaltunnelsyndrom / Carpaltunnelsyndrom (CTS)
Das Karpaltunnelsyndrom (KTS), teilweise auch Carpaltunnelsyndrom (CTS) geschrieben (engl.: Carpal Tunnel Syndrome), ist die häufigste Erkrankung des Nervus medianus (des mittleren Handnerven, manchmal auch Mittelnerv oder Mittelarmnerv genannt), es stellt gleichzeitig die häufigste Erkrankung peripherer Nerven dar. Es ist das bekannteste Nervenkompressionssyndrom des Menschen. Männer und Frauen sind gleich häufig betroffen. Die Ursache ist meist eine genetische Prädisposition, die zu einer Einengung des Karpaltunnels (Canalis carpi) führt. Dabei wird der Nerv durch das Retinaculum flexorum, also durch das Carpalband komprimiert, häufig führen auch noch andere Faktoren zu einer Verstärkung der Einengung in diesem Bereich der Handwurzelknochen und des Karpaltunnels.
Inhaltsverzeichnis
Ursachen / Ätiopathogenese
Klinisches Bild / Beschwerden
Diagnostik / Untersuchungen
Therapie / Behandlung
Ist das Karpaltunnelsyndrom als Berufskrankheit anerkannt?
Die meisten Menschen leiden an einem sogenannten idiopathischen Karpaltunnelsyndrom (engl.: Carpal Tunnel Syndrome), das heisst, es handelt sich um eine genetische Prädisposition zu einer Einengung des Karpaltunnels. Deswegen sind häufig auch beide Hände betroffen, wobei meist eine Hand führend oder früher betroffen ist. Weitere Ursache beziehungsweise auslösende Faktoren sind die folgenden:
Hormonstörungen unter Anderem eine Hypothyreose (Unterfunktion der Schilddrüse) oder eine Akromegalie (eine Störung des Wachstumshormons), Schwangerschaft, deutliche Gewichtszunahme, Amyloidose (eine Einlagerung von Proteinen und Gewebe im Handgelenk), eine Gicht (Erhöhung der Harnsäure), eine chronische Polyarthritis, sowie Entzündungen der Beugesehnen des Unterarmes. Auch Verletzungen, insbesondere Frakturen (Knochenbrüche) am Handgelenk, beziehungsweise der Handwurzelknochen können ein Karpaltunnelsyndrom (engl.: Carpal Tunnel Syndrome) verursachen. Durch wiederholte Bewegungen am Handgelenk, insbesondere häufiges Strecken und Beugen, wird ein Karpaltunnelsyndrom (engl.: Carpal Tunnel Syndrome) verschlechtern.
Klinisches Bild / Beschwerden
Der Nervus medianus (auch Mittelarmnerv oder Mittelhandnerv genannt) versorgt die drei radialen Finger (Daumen, Zeige-finger, Mittel-finger) an der Hand-Innenseite sowohl sensibel als auch motorisch. Deshalb kommt es zu Empfindungsstörungen (Taubheitsgefühle und Kribbeln), Schmerzen an Hand und Arm, sowie zu einer Schwäche am Daumen und auch zu einer Atrophie der Muskulatur (auch Muskelschwund genannt) der Daumenballenmuskulatur. Der Druck des Medianusnervs (Handmittelnervs) ist die Ursache von neurologischen Symptomen.
Die typische Symptomatik ist geprägt durch nächtliche Gefühlsstörungen und Missempfindungen (Taubheitsgefühle und Kribbeln) sowie Schmerzen der Hand, häufig auch des Unterarmes, teilweise bis in den gesamten Arm ziehend (Brachialgia paraesthetica nocturna). Die Arm-Beschwerden sind meistens nachts oder frühmorgens, die Betroffenen wachen dann auf und schütteln ihre Hände, die sich wie eingeschlafen anfühlen. Wie oben bereits ausgeführt, ist das Karpaltunnelsyndrom (engl.: Carpal Tunnel Syndrome) teilweise sehr schmerzhaft, teilweise sind die Missempfindungen allerdings bloss unangenehm. Häufig sind die Finger am Morgen auch steif und ungeschickt.
Wenn die Betroffenen frühzeitig Schmerzen an der Hand oder am Arm erleiden, gehen sie oft von alleine zum Arzt. Es ist aber wichtig, dass bei Verdacht auf ein Karpaltunnelsyndrom (engl.: Carpal Tunnel Syndrome) auch ohne Schmerzen eine ärztliche Untersuchung erfolgt, um die Ursache abzuklären und eine angemessene Behandlung einleiten zu können.
Häufig führen die Schmerzen, die Gefühlsstörungen und das Schwächegefühl in der Hand dazu, dass die Betroffenen Gegenstände fallen lassen und Schwierigkeiten haben Dinge sicher zu greifen.
Teilweise sind Taubheit und Kribbeln auf die drei radialen Finger (Daumen, Mittel- und Zeigefinger) beschränkt, welche im eigentlichen Versorgungsgebiet des Nervus medianus liegen. Häufiger sind die Beschwerden in der ganzen Hand, also an der Handfläche und allen Fingern, inklusive Daumen, obwohl der Ring- und Kleinfinger nicht vom Nervus medianus, sondern vom Nervus ulnaris sensibel und motorisch versorgt werden. Die Begründung hierfür liegt darin, dass der Nervus medianus viele vegetative Fasern führt, die teilweise die gesamte Hand versorgen, zumindest aber in die ganze Hand projizieren.
Je nach Beanspruchung der Hand, kann es auch tagsüber zu entsprechenden Missempfindungen und Schmerzen kommen, meist bei anhaltender oder repetitiver Überstreckung oder über Beugung des betroffenen Handgelenkes, zum Beispiel beim Fahrradfahren (Velo), Motorradfahren, Autofahren, beim Stricken, Zeitunglesen, oder beim Kartoffelschälen.
Wenn das Karpaltunnelsyndrom (engl.: Carpal Tunnel Syndrome) fortschreitet, kann es zu permanenten Sensibilitätsstörungen (Taubheit) an den 3 radialen Fingern kommen. Es können auch zwei Muskeln des Daumens atrophieren (Musculus abductor pollicis brevis, Musculus opponens pollicis).
Das Karpaltunnel (engl.: Carpal Tunnel) führt dann zu einer dauerhaften Einschränkung von Gefühl, Feinmotorik und Koordination, so kann dann das Zuknöpfen von Kleidung oder das Schreiben mit einem Stift deutlich gestört sein.
Diagnostik / Untersuchungen
Die Diagnostik beim Karpaltunnelsyndrom (engl.: Carpal Tunnel Syndrome) beinhaltet drei Untersuchungsgänge, die neurologische Untersuchung, die Elektroneurographie und bei Bedarf gegebenenfalls die Ultraschalluntersuchung (Sonograpie) des Nervus medianus.
Neurologische Befunde
In der Frühphase ist der Neurostatus unauffällig, in der Spätphase sind die oben genannten Sensibilitätsstörungen und Paresen beziehungsweise Muskelatrophien zu diagnostizieren. In der klinischen Untersuchung gibt es typische Zeichen, wie zum Beispiel das Tinel-Zeichen und den Phalen-Test, die auf ein Karpaltunnelsyndrom hinweisen können, aber niemals beweisend sind. Das Fehlen eines Tinel- oder Phalen-Zeichen schliesst ein Karpaltunnelsyndrom (engl.: Carpal Tunnel Syndrome) nicht aus, wie umgekehrt die Anwesenheit der Zeichen kein Beweis für ein entsprechendes CTS ist.
Diagnostik des Karpaltunnelsyndroms
Zur sicheren Diagnose eines Karpaltunnelsyndroms (engl.: Carpal Tunnel Syndrome) gilt als Methode der Wahl (sogenannter Gold-Standard) die Elektroneurographie. Hierbei wird die motorische Überleitung oder die sensible Nervenleitgeschwindigkeit des Nervus medianus am Handgelenk gemessen. Sobald eine deutliche Verzögerung vorliegt, ist die Diagnose gesichert.
Seit einigen Jahren wird ergänzend auch eine Nervensonographie (Ultraschall) durchgeführt. Diese kann allerdings nur strukturelle Anomalien zeigen, die Diagnose Karpaltunnelsyndrom aber nicht sichern.
Bei seltenen Karpaltunnelsyndrom-Ursachen, wie zum Beispiel einem Neurofibrom oder einer anderen Raumforderung, ist es zur Planung einer Operation sehr hilfreich, wenn diese Strukturanomalien bekannt sind. Die strukturelle Anomalie, zum Beispiel ein leicht aufgetriebener Nerv oder ein ungewöhnlicher Nervenverlauf, kann für sich alleine allerdings nicht die Diagnose stellen, da häufig strukturelle Anomalien vorliegen, die asymptomatisch sind und somit nicht die Diagnose des Karpaltunnelsyndrom begründen können.
Therapie / Behandlung
Je nach Stadium des Karpaltunnelsyndroms (engl.: Carpal Tunnel Syndrome) können konservative oder operative Therapiemethoden zum Einsatz kommen.
Bei etwa 10-20% der Fälle, insbesondere zum Beispiel bei einem Karpaltunnelsyndrom während der Schwangerschaft, ist die Prognose bezüglich einer spontanen Ausheilung gegeben. Die meisten Karpaltunnelsyndrome zeigten allerdings einen chronisch progredienten Verlauf, sodass am Ende häufig eine Operation notwendig ist, um eine behindernde Einschränkung an der Hand zu verhindern.
Bei einem leichten Karpaltunnelsyndrom verordnet man Handgelenksschienen. Die Schiene soll das Handgelenk in Neutralstellung (Mittelstellung) halten und über die Nacht getragen werden. Dadurch kommt es zu weniger Druck auf den Nervus medianus. Durch die Versorgung einer Schiene kann sich bei leichten Karpaltunnelsyndrom-Fällen die Situation stabilisieren. Häufig kann so eine Progression über einen längeren Zeitraum aufgehalten werden. Bei vielen Erkrankten reicht diese Massnahme allerdings nicht aus.
Früher wurde auch eine Kortison Injektion in das Handgelenk bzw. die Handwurzel empfohlen, weil man dadurch Entzündungen reduzieren kann, auch der umgebenden Beugesehnen. Hiervon wird mittlerweile allerdings abgeraten, da dies zu einer dauerhaften Schädigung des Nervus medianus führen kann. Es gibt auch Untersuchungen, die einen Therapieerfolg von Akupunktur bei leichten Fällen beschrieben haben. Andere komplementärmedizinische Verfahren wie zum Beispiel Yoga, Massage, Ayurveda, Thai-Qi oder Nahrungsergänzungsmittel sind für die Behandlung des Karpaltunnelsyndroms (engl.: Carpal Tunnel Syndrome) ungeeignet, da sie unwirksam sind.
Falls Entzündungen und Schmerzen an den Sehnen oder Schleimbeuteln des Handgelenks vorliegen, sind entzündungshemmende Medikamente (Schmerzmittel) wie zum Beispiel Ibuprofen oder Naproxen hilfreich. Es kann dann auch ein oraler Kortisonstoss überlegt werden. Auch Ruhigstellung durch eine Schiene hilft gegen die Entzündung. Ein nicht entzündlich verursachtes Karpaltunnelsyndrom profitiert durch die Behandlung mit Schmerzmitteln nicht.
Sind Entzündungen die Ursache eines Karpaltunnelsyndroms (z.B. rheumatoide Arthritis, Tendopathie, Entzündung der Sehnen) ist hiermit eine vorübergehende Besserung zu erreichen. Eine permanente Besserung ist durch Cortison nicht möglich.
Teilweise wird auch Physiotherapie zur Behandlung der Schmerzen bei Karpaltunnelsyndrom (engl.: Carpal Tunnel Syndrome) empfohlen. Physiotherapeutische Übungen helfen allerdings nur zur Behandlung von Schmerzen im Rahmen von Tendopathien / entzündeten Sehnen. Auf den Karpaltunnel selbst oder den Nervus medianus haben solche Übungen keinen Einfluss, weswegen in nicht entzündlichen Fällen die Verordnung von Physiotherapie nutzlos ist.
Chirurgie / Operation
Bei mittelgradigen und schweren Karpaltunnelsyndromen ist die Behandlungsmethode der Wahl eine operative Spaltung des Retinaculum flexorum (Ligamentum carpi transversum), welche als offene Operation oder endoskopisch durchgeführt werden kann. Durch die Spaltung des Retinaculum flexorum wird der Druck auf den Nerv entlastet, sodass er sich regenerieren kann. Da diese Operation eine hohe Erfolgsquote hat (der Grossteil der Patienten wird beschwerdefrei, Nebenwirkungen treten sehr selten auf), ist diese Methode auch bei einem leichten Karpaltunnelsyndrom (engl.: Carpal Tunnel Syndrome) einsetzbar, insbesondere wenn die Betroffenen mit der nächtlichen Handgelenksschiene nicht schlafen können. Die Operation wird in der Regel ambulant durchgeführt, am besten von einem Handchirurgen. Eine stationäre Operation in einer Klinik ist nicht nötig. Im Anschluss an die Operation wird in der Regel für 10 Tage eine Gipsschiene verordnet. Danach ist man in den meisten Fällen für Bürotätigkeiten wieder arbeitsfähig. Für Tätigkeiten mit einer besonderen Belastung der Hände ist gegebenenfalls eine längere Arbeitsunfähigkeit zu attestieren.
Insgesamt ist das Karpaltunnelsyndrom (engl.: Carpal Tunnel Syndrome) eine medizinisch und chirurgisch sehr gut behandelbare Erkrankung, weswegen eine frühzeitige Untersuchung bei einem Arzt empfohlen werden muss, denn je früher die Therapie erfolgt, umso erfolgreicher ist sie.
Das Karpaltunnelsyndrom ist das häufigste Nerven-Engpass-Syndrom (der Karpalkanal ist eine physiologische Engstelle) des Menschen; andere sind das Ulnaris-Rinnen-Syndrom, das N. interosseus-anterior-Syndrom, das Pronator-teres-Syndrom, das Interosseus-anterior-Syndrom, das N. peroneus-Syndrom, das Tarsaltunnelsyndrom.
Ist das Karpaltunnelsyndrom als Berufskrankheit anerkannt?
Ja, das Karpaltunnelsyndrom ist eine Erkrankung, und kann als Berufskrankheit anerkannt werden, wenn es durch berufliche Tätigkeiten (Arbeit) verursacht wurde. Insbesondere Männer und Frauen, die wiederholte Handbewegungen ausführen oder längere Zeit in einer Position arbeiten, die Druck auf das Handgelenk ausübt, haben ein erhöhtes Risiko für ein Karpaltunnelsyndrom und können daher in manchen Fällen Anspruch auf Anerkennung als Berufskrankheit haben.
Für Männer und Frauen die eine Anerkennung als Berufskrankheit anstreben, muss der Zusammenhang zwischen der beruflichen Tätigkeit und dem Karpaltunnelsyndrom nachgewiesen werden. In diesen Fällen ist es wichtig, ärztliche Unterlagen vorzulegen und den Arbeitsplatz sowie die ausgeführten Tätigkeiten genau zu beschreiben.